Die Quellen der Tiefe (2)

Eine archäologische oder geologische Lösung?

5.5.2015

Fundierte Kritik an der evolutionär gedeuteten Erdgeschichte (wie in Teil 1 dieses Beitrags geäußert) ist nur die Grundlage für eine noch größere Herausforderung: Die Etablierung eines auf der Bibel gegründeten Modells der Urgeschichte, die auch die Sintflut mit der erdgeschichtlichen Zeittafel in Einklang bringen kann.

Obwohl Manfred Stephan in der geologischen Sintflutforschung Maßstäbe gesetzt hat, konnte eine schlüssige Lösung auch in seinem Buch »Sintflut und Geologie« noch nicht gefunden werden. Die meisten Schöpfungsforscher glauben, dass alle Schichten zwischen Kambrium und Kreide bzw. Tertiär im Jahr der Sintflut abgelagert wurden. Dies ist jedoch fragwürdig: Es gibt viele Anzeichen für Trockenzeiten und für länger andauernde Prozesse. Zudem ist die regelhafte Abfolge der Fossilien nicht befriedigend erklärt. Die Gesteine wurden also gemäß eines katastrophischen Denkrahmens nicht zwingend während vieler Jahrmillionen abgelagert – aber eben auch nicht in einem einzigen Sintflutjahr.

Geologische Schichten

Probleme mit dem Sintflutjahr

John C. Whitcomb und Henry M. Morris gaben mit ihrem Buch »The Genesis Flood« – auch als deutsche Übersetzung mit dem Titel »Die Sintflut erschienen – im Jahr 1961 den Startschuss für die moderne Sintflutgeologie. Das Modell, das von ihnen vertreten und von anderen verfeinert wurde, wird Kambrium-Tertiär-Modell genannt und wird heute noch im amerikanischen Raum vertreten, zum Teil abgewandelt als Kambrium-Kreide-Modell. Es wird angenommen, dass alle Sedimente, die seit Beginn der »Kambrischen Explosion« (also der schlagartigen »Entwicklung« vieler Lebensformen) bis zum Beginn des Eiszeitalters abgelagert wurden, von einem einzigen biblischen Sintflutjahr zeugen.

Eine Art Neuauflage von »The Genesis Flood« veröffentlichte Andrew Snelling 2010 mit seinem zweibändigen Werk »Earth’s Catastrophic Past«. Hier nimmt er Bezug auf die Plattentektonik und viele andere geowissenschaftliche Details. Er schafft es, anhand vieler Beispiele katastrophischer Vorgänge eine kurze Erdgeschichte von einigen Jahrtausenden plausibel darzustellen, hält dabei aber am Kambrium-Tertiär-Modell fest.

Die Erdgeschichte im Überblick

Joachim Scheven aus Deutschland formulierte als einer der ersten den Gedanken, dass die Widersprüche zu groß seien, wenn man alle fossilhaltigen Schichten in ein Sintflutjahr zwängen wollte. Auch Manfred Stephan widmete sich ausführlich dieser Problematik:

»Zeitverzehrende Befunde, wie sie in diesem Kapitel zusammengestellt wurden, könnten noch erheblich vermehrt werden. Jeder einzelne überschreitet den zeitlichen Rahmen des Sintflutjahres deutlich. Das gilt natürlich besonders für die Befunde in ihrer Gesamtheit.« [1]

Er führt beispielsweise folgende Punkte auf, die gegen ein Kambrium-Tertiär-Modell sprechen:

  • Die geregelte Abfolge der Fossil-Gruppen ohne chaotische Merkmale, wie sie bei einer Überflutung anzunehmen wären,
  • Salzlager, die Austrocknung statt Nässe belegen,
  • Sediment-Besiedler, die Ablagerungspausen belegen,
  • Wachstum von Riffen und Kalk-Produktion von Mikroben, die Zeit benötigen,
  • Trockenfallen vieler Schichtflächen und Landtier-Fährten, die trockene Zwischenphasen belegen,
  • Sauriernester und Wurzelüberreste, die in mehreren Horizonten übereinanderliegen und für ihr Entstehen Wochen oder Monate benötigt haben müssen.

Zusammenfassend deutet er eine mögliche Lösung an: »Sehr wichtig ist, dass viele Ablagerungsgesteine (Sedimente oder Sedimentite) Merkmale zeigen, die – einerseits – mit einer Entstehung in der kurzen, etwa einjährigen Sintflut kaum zu erklären sind. Das wird beispielhaft an etwa einem Dutzend Problemen gezeigt (es gibt jedoch weit mehr). Doch muss – andererseits – die Ablagerung dieser Schichtfolgen nicht notwendigerweise im Tiefenzeit-Konzept der Historischen Geologie verstanden werden. Es werden Gründe genannt, die für eine wesentlich kürzere Entstehungsdauer sprechen. Insgesamt führt das zur Annahme einer Ablagerung sehr vieler Schichtfolgen außerhalb des Sintflutjahres (favorisiert wird in diesem Buch die Zeit zwischen Sündenfall und Sintflut und möglicherweise noch nach der Flut).« [2]

Scheven sah die Lösung für das aus erdgeschichtlicher Sicht offensichtlich zu kurze Sintflutjahr in einem Kambrium-Perm-Modell und verlegte alle darauffolgenden Epochen in die nachsintflutliche Zeit, die er aber auch noch sehr stark von Katastrophen geprägt sieht. Er beschreibt hier ausführlich »Mega-Sukzessionen« vor allem im Tertiär. [3] Leider hält seine Theorie nicht allen Gegenargumenten stand, sodass auch dieses Modell inzwischen als wenig tragfähig gelten muss. Vor allem die biblischen Berichte von der Zeit nach der Flut und der Ausbreitung der Menschen in Mesopotamien passen nicht damit zusammen, dass dort noch lange nach der Flut katastrophale Zustände geherrscht haben sollen. Noah hätte demnach kaum Überlebenschancen gehabt.

Eine weitere Alternative ist das Präkambrium-Modell, das davon ausgeht, die komplette Welt sei vor der Sintflut spurlos ausgelöscht worden und alle Schichten, die Fossilien enthalten, könnten erst nach der Flut entstanden sein. Hier verschärfen sich die Einwände gegen Schevens Modell natürlich um ein Vielfaches, denn die umwälzenden globalen Vorgänge der gesamten Erdgeschichte seit dem Kambrium hätten nach der Sintflut stattfinden müssen und eine Ausbreitung der Menschheit für lange Zeit unmöglich gemacht.

Keine Lösung in Sicht

Interessanterweise geht Andrew Snelling in seinem Werk auf über 100 Seiten auf die Fragen ein, die Scheven, Stephan und andere an das traditionelle Sintflutmodell gestellt haben. Der Teil des Buches ist vielversprechend mit »Probleme für die biblische Geologie gelöst« [4] überschrieben. So hält er es beispielsweise für möglich, dass Dinosaurierspuren entstanden sein könnten, weil die Sintflut die entsprechenden Sedimente nacheinander während einiger Gezeiten abgelagert habe – die Tiere seien dann jeweils über die wiederholt überfluteten Gebiete gelaufen und hätten ihre Spuren hinterlassen. Die Nester hält er in ihrer Definition für fragwürdig, weil das entsprechende Verhalten von Sauriern logischerweise nicht mehr überprüft werden könne: »In solchen Stresssituationen ist es denkbar, dass Dinosaurierweibchen ihre Eier auf diese vorübergehend wieder trockenen Sedimentoberflächen legten, manchmal in Gruppen, die als ›Nester‹ interpretiert werden, bevor diese von der nächsten Flutwelle aus sedimentbeladenem Wasser bedeckt und gleichzeitig die Dino-Mütter vertrieben wurden.« [5]

Snelling betont, dass in diesem Punkt »weitere Forschung offensichtlich notwendig ist« [6], und stellt auch zusammenfassend fest, dass es viel zu wenige Geowissenschaftler gibt, die sich diesen Problemen widmen können. Dem stünden aber Heerscharen von Wissenschaftlern gegenüber, die nicht an einen Schöpfer glauben und Multi-Milliarden-Budgets zur Verfügung haben: »Das Heer der Kreationisten mit ihren Anstrengungen, zu forschen und zu schreiben, gleicht einem Kampf David gegen Goliath.« [7]

Somit bleibt das Problem vorerst bestehen, dass sowohl die Archäologen und Geschichtsforscher (z.B. David Rohl mit seiner Eden-These) auf der einen Seite als auch die Geologen (Joachim Scheven) auf der anderen Seite faszinierende Lösungsmöglichkeiten bieten, diese Vorschläge aber nicht miteinander kompatibel sind. Während wir aus archäologischer Sicht eher auf ein Ereignis in den letzten Jahrtausenden Ausschau halten, sollte die Sintflut aus geologischer Sicht vor vielen Millionen radiometrischen Jahren abgeschlossen gewesen sein.

Zu Teil 3 dieses Beitrags: Die Sintflut und die Geologie am Berg Cudi

Timo Roller

 

 

[1] Manfred Stephan: »Sintflut und Geologie« (2010), S. 167, Hervorhebung im Original.

[2] Manfred Stephan: »Sintflut und Geologie« (2010), S. 125.

[3] Siehe Joachim Scheven: »Mega-Sukzessionen und Klimax im Tertiär«.

[4] Andrew Snelling: »Earth's Catastrophic Past«, S. 907ff.

[5] Andrew Snelling: »Earth's Catastrophic Past«, S. 922.

[6] Andrew Snelling: »Earth's Catastrophic Past«, S. 923.

[7] Andrew Snelling: »Earth's Catastrophic Past«, S. 1035.

 

 

[ Übersicht: Aktuelles ]